
Das Wichtigste in Kürze
Nicht jede Frage im Bewerbungsgespräch ist zulässig. Unzulässig sind beispielsweise private oder diskriminierende Fragen zu Familien- oder Kinderplanung, religiöser Zugehörigkeit, ethnischem Hintergrund, sexueller Orientierung, finanziellen Verhältnissen, Alter oder möglichen Vorstrafen. Diese müssen vom Bewerber nicht beantwortet werden. Grundlage bildet das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Diskriminierung im Bewerbungsprozess verbietet und Betroffenen Schadensersatz zuspricht. Sinnvoll ist es, sich auf solche Fragen vorzubereiten und professionell und sachlich zu reagieren.
Unzulässige Fragen – Typische Bereiche im Überblick
Diskriminierungsbereiche, zu denen in der Regel Bewerber nach AGG nicht befragt werden dürfen:
- Familienstand
- Familienplanung und Schwangerschaft
- Konfession
- Politische Ansichten
- Gesundheit und Behinderungen
- Gewerkschafts‑ und Vereinszugehörigkeit
- Sexuelle Orientierung
- Ethnische Herkunft / Nationalität
- Alter
- Vermögen, Schulden
- Vorstrafen
Ausnahmen: Bedingt zulässige Fragen
Wie überall gibt es auch hinsichtlich unzulässiger Fragen Ausnahmen. Diese kommen dann zum Tragen, wenn ein legitimes Interesse besteht. Gemäß § 8–10 AGG sind begründete Ausnahmen erlaubt — aber sie müssen rechtmäßig, sachlich und angemessen sein.
Überblick: Unzulässige Fragen und Ausnahmesituationen
| Bereich | Unzulässig (keine Relevanz) | Ausnahmsweise zulässig bei beruflicher Relevanz |
| Familienstand / Schwangerschaft | „Haben Sie Kinder?“ / „Sind Sie schwanger?“ | Bei körperlich belastenden Tätigkeiten |
| Gesundheit / Behinderung | Generell private Erkrankungen, Behinderungen | Wenn Eignung oder Sicherheit betroffen sind |
| Konfession / politische Ansichten | „Welche Religion?“ / „Partei?“ | Bei konfessionellen oder politischen Organisationen |
| Ethnische Herkunft / Nationalität | „Woher stammen Sie?“ | Sprachkenntnisse / Arbeitserlaubnis |
| Alter | „Wie alt sind Sie?“ | Bei gesetzlich vorgeschriebenen Höchst- oder Mindestalter |
| Vermögen / Schulden | Private Vermögenslage, Schulden | Nur bei hoher finanzieller Verantwortung oder Pfändung |
| Gewerkschaft / Vereinszugehörigkeit | „Sind Sie in einer Partei?“ | Nur bei Tendenzbetrieben relevant |
| Sexuelle Orientierung | „„Sind Sie homosexuell?“ / „Leben Sie in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung?" | Nie zulässigen, da ohne Berufsbezug (immer privat) |
| Vorstrafen | „Waren Sie jemals straffällig?“ (zu allgemein) | "Liegt ein erweitertes Führungszeugnis ohne Eintragungen zu Sexual- oder Gewaltdelikten vor?“ (Bei Jobs z. B. in Kita, Jugendhilfe) |
Wann Lügen erlaubt ist
Im Rahmen unzulässiger Fragen innerhalb eines Bewerbungsgespräches kann man auch vom "Recht zu Lügen" gebrauch machen. Das bekannteste Beispiel betrifft die Frage zu einer vorliegenden oder geplanten Schwangerschaft. Das Bundesarbeitsgericht hat klar festgelegt: Da diese Fragen unzulässig sind, können Bewerberinnen wahrheitswidrig antworten, ohne dass dies später arbeitsrechtliche Folgen hat. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes weist zudem darauf hin, dass eine unzulässige Frage bereits eine Beweislastumkehr auslöst. Wird nachweislich diskriminiert, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass keine Benachteiligung vorliegt.
Branchenspezifischen Ausnahmen im Sozialwesen
Gerade im Sozialwesen gelten besondere Anforderungen an Bewerber – etwa emotionale Stabilität, körperliche Belastbarkeit und eine klare pädagogische Haltung. Manche Fragen sind hier erlaubt, weil sie unmittelbar die Eignung für die Tätigkeit betreffen, andere verletzen jedoch die Privatsphäre und sind rechtlich unzulässig. Im Sozialwesen treten neben den allgemeinen unzulässigen Fragen auch einige branchenspezifische Themen auf, die häufig im Vorstellungsgespräch angesprochen werden. Hier bewegen sich Arbeitgeber oft in einer Grauzone zwischen berechtigtem Interesse und Verletzung der Privatsphäre. Hier ein paar Beispiele:
Fragen nach eigenen psychischen Erkrankungen sind unzulässig, während Fragen zum Umgang mit belastenden Situationen zulässig sind. Kinderwunsch oder Schwangerschaft dürfen nicht erfragt werden, Arbeitszeitflexibilität und Schichtbereitschaft hingegen schon. In konfessionellen Einrichtungen (z. B. Caritas, Diakonie) darf die Religionszugehörigkeit thematisiert werden, in neutralen Einrichtungen ist dies unzulässig. Persönliche Krankheitsgeschichten sind tabu. Fragen nach körperlicher Belastbarkeit oder Nachtarbeit sind erlaubt, wenn sie jobrelevant sind.
Da im Sozialwesen häufig ein erweitertes Führungszeugnis erforderlich ist (z. B. Kita, Jugendhilfe), dürfen Arbeitgeber gezielt nach relevanten Vorstrafen fragen – allerdings nicht allgemein nach jeglicher Strafakte. Die folgende Übersicht zeigt typische unzulässige Fragen und bedingt zulässige Varianten.
Überblick: Unzulässige vs. bedingt zulässige Fragen im Sozialwesen
| Themenbereich | Unzulässig | Zulässig |
| Emotionale Belastbarkeit | „Haben Sie psychische Erkrankungen?“ | „Wie gehen Sie mit belastenden Situationen im Arbeitsalltag um?“ |
| Familienstand & -Planung | „Sind Sie verheiratet?“ / „Planen Sie Kinder?“ | „Sind Sie bereit, im Schichtdienst oder flexibel zu arbeiten?“ |
| Religion | „Welche Religion haben Sie?“ (außerhalb Kirche) | „Gehören Sie einer christlichen Konfession an?“ (nur in konfessionellen Trägern) |
| Gesundheit & Behinderungen | „Haben Sie chronische Krankheiten?“ | „Können Sie körperlich schwere Tätigkeiten übernehmen?“ / „Sind Nachtdienste möglich?“ |
| Politische Ansichten | „Sind Sie Mitglied einer Partei?“ | „Wie stehen Sie zu Inklusion, Diversität oder Gewaltprävention?“ |
| Vorstrafen | „Waren Sie jemals straffällig?“ (generell) | „Liegt ein erweitertes Führungszeugnis ohne Eintragungen vor?“ |
| Gewerkschafts‑ und Vereinszugehörigkeit | „Sind Sie Mitglied einer Gewerkschaft oder eines Vereins?“ | Nur in seltenen Fällen bei sog. Tendenzbetrieben (z. B. Parteien, Kirchen) erlaubt |
| Ethnische Herkunft /Nationalität | „„Woher stammen Sie wirklich?“ / „Welche ethnische Zugehörigkeit haben Sie?“ | „Besitzen Sie eine gültige Arbeitserlaubnis für Deutschland?“ |
| Alter | „Wie alt sind Sie?“ | Nur zulässig, wenn es eine rechtliche Vorgabe für Höchst- oder Mindestalter gibt (z. B. Jugendschutz) |
| Vermögen, Schulden | „Haben Sie Schulden?“ | Nur zulässig, wenn eine laufende Lohnpfändung direkten Einfluss auf die Stelle hätte (in der Regel nur dor, wo hohes Maß an wirtschaftlicher Verantwortung und Vertrauen nötig sind) |
Der richtige Umgang mit unzulässigen Fragen
Grundsätzlich darf jeder nach seinem Gutdünken alle Fragen wahrheitsgemäß beantworten. Wer das nicht möchte, muss aber keine Angst haben. Im Allgemeinen ist aber auch zu sagen: In der Regel werden solche Fragen nicht gestellt. Und für den Fall der Fälle kann die Fragestellung auch nur als Test gedacht sein, um zu sehen, wie Bewerber in dieser Stresssituation reagieren. Es ist daher für jede Frage empfehlenswert, eine diplomatisch-souveräne Antwort parat zu haben. Ein paar generelle Ansätze:
- Man darf die Frage höflich, aber bestimmt ablehnen.
- Man kann neutral antworten oder sachlich umleiten auf das relevante Thema, evtl. auch lügen (siehe oben)
- Man kann auf die Unzulässigkeit der Frage hinweisen
Das diese allgemeinen Ansätze aber für alle Beteiligten eine eher unangenehme Situation kreieren, helfen folgende Antwortalternativen, die Situation souverän zu lösen.
Überblick möglicher Antworten auf unzulässige Fragen
| Themenbereich | Unzulässige Frage | Mögliche Antwortidee |
| Emotionale Belastbarkeit | „Haben Sie psychische Erkrankungen?“ | „Wichtig ist: Ich bin belastbar und handle professionell.“ |
| Familienstand & Kinder | „Planen Sie Kinder?“ | „Meine private Planung ist nicht relevant. Ich erfülle die Anforderungen der Stelle voll.“ |
| Religion & Weltanschauung | „Welche Religion haben Sie?“ (außerhalb kirchlicher Träger) | „Meine Glaubensüberzeugung ist privat. Wichtiger ist, dass ich Ihre Werte wie Respekt teile.“ |
| Gesundheit & Belastbarkeit | „Haben Sie chronische Krankheiten?“ | „Über persönliche Details möchte ich nicht sprechen, aber ich erfülle die Anforderungen.“ |
| Politik & Gesellschaft | „Sind Sie Mitglied einer Partei?“ | „Meine politische Einstellung ist privat. Für mich zählt die Arbeit mit Menschen im Mittelpunkt.“ |
| Sexuelle Orientierung | „Sind Sie homosexuell?“ | „Meine private Lebensgestaltung ist nicht relevant. Wichtig ist respektvolle Zusammenarbeit.“ |
| Vorstrafenfreiheit | „Waren Sie jemals straffällig?“ (zu allgemein) | „Ich kann ein erweitertes Führungszeugnis ohne relevante Einträge vorlegen.“ |
| Gewerkschaft/Vereine | „Sind Sie Mitglied in einer Gewerkschaft?“ | „Meine Mitgliedschaften sind privat. Entscheidend ist mein Fachwissen und Engagement.“ |
| Ethnische Herkunft / Nationalität | „Woher kommen Sie wirklich?“ | „Ich erfülle alle rechtlichen Voraussetzungen zur Arbeit. Wichtig sind meine Qualifikationen.“ |
| Alter | „Wie alt sind Sie?“ | „Mein Alter spielt keine Rolle – ich bringe die passenden Erfahrungen und Qualifikationen mit.“ |
| Vermögen | „Wie hoch ist Ihr Vermögen?“ | „Meine finanziellen Verhältnisse sind privat. Relevanz hat meine fachliche Kompetenz.“ |
| Schulden | „Haben Sie Schulden?“ | „Das ist privat. Wichtig ist, dass ich zuverlässig und verantwortungsvoll arbeite.“ |
Wichtig: Bei Bedrängen kann man das Gespräch gegebenenfalls rechtlich überprüft lassen. Arbeitsrechtsexperten empfehlen generell, ruhig zu bleiben, sachlich zu reagieren oder das Gespräch bei mehreren unzulässigen Fragen ggf. zu beenden.
Fazit
Unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch sind keine Bagatelle — sie können Deine Privatsphäre verletzen und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das AGG schützt vor Diskriminierung. Du darfst auf solche Fragen höflich, aber bestimmt reagieren. Wenn solche Fragen auftauchen, zeigt es oft auch, dass der Arbeitgeber nicht ausreichend sensibilisiert ist. Gerade im Sozialwesen ist daher ein bewusster Umgang mit sensiblen Fragen wichtig. Bewerber sollten ihre Rechte kennen, gleichzeitig aber mit sachlichen Antworten ihre Eignung für die Tätigkeit unterstreichen. Nur wer seine Rechte kennt, kann professionell und souverän reagieren.




