
Gute Fachkräfte zu finden, ist längst kein Selbstläufer mehr. Während der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitenden im Sozialwesen weiter steigt, bleiben viele Stellen unbesetzt. Doch liegt das Problem nur im Fachkräftemangel oder auch darin, wie soziale Träger auf dem Arbeitsmarkt auftreten? Dieser Artikel zeigt, wie Sozialdienste Recruiting verbessern und neu denken können. Dabei erläutern wir, inwiefern sie von erfolgreichen Recruiting-Strategien anderer Branchen und Unternehmen lernen können und welche realistischen Schritte sie selbst gehen können, um attraktiver für Bewerber zu werden.
Sozialdienste im Recruiting-Druck
Der Fachkräftemangel im Gesundheits- und Sozialbereich ist seit Jahren angespannt. Allein im Jahr 2023 klaffte eine Lücke von etwa 133.000 Stellen. Rund ein Viertel der gesamtwirtschaftlichen Fachkräftelücke betrifft soziale Berufe. Sechs von zehn offenen Stellen bleiben schlussendlich unbesetzt. Heilerziehungspfleger, Erzieher und Sozialarbeiter werden dringend benötigt, doch geeignete Kandidaten fehlen. Viele Stellen bleiben monatelang vakant, auch weil der demografische Wandel den Bedarf weiter steigen lässt.
Trotz der hohen Nachfrage bleiben Sozialdienste beim Recruiting häufig hinter anderen Branchen zurück. Sie arbeiten zumeist mit klassischen Stellenaushängen, engagieren sich wenig in aktivem Sourcing und bleiben bei Online-Präsenz oder schnellen Bewerbungsprozessen unsichtbar. Hier liegt ein entscheidender Hebel, der bislang selten genutzt wird.
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Das macht die freie Wirtschaft besser als das Sozialdienste Recruiting
Während Sozialdienste oft an traditionellen Verfahren festhalten, gehen Top-Recruiter in anderen Branchen strategischer vor. Sie nutzen klar strukturierte Arbeitgebermarken, schnelle Prozesse und gezielte Sichtbarkeit.
Arbeitgebermarke mit klarer Botschaft
Ein starker Arbeitgeberauftritt hebt sich durch definierte Werte, klare Botschaften und konsistente Signale ab. Laut der Content Stadium Social Recruiting Studie 2023 haben 91 Prozent der Teams eine Employer-Branding‑ oder EVP‑Strategie entwickelt. Damit schaffen sie ein einheitliches Bild nach außen. Dabei unterstützen professionelle Karriereseiten die Außendarstellung und verbessern die Auffindbarkeit. Eine mobilfreundliche Seite mit klar platzierter Bewerbungsaufforderung ist in diesem Zusammenhang besonders förderlich.
Schnelle und einfache Bewerbungsprozesse
Ein essenzieller Hebel sind mobile‑optimierte Formulare. Die Online‑Recruiting‑Studie 2024 der Wollmilchsau zeigt, dass zwischen 60 bis 70 Prozent der Zugriffe mobil erfolgen, aber häufig an schwer bedienbaren Formularen scheitern. Etwa die Hälfte der Unternehmen verliert Bewerber hier, teils durch umfangreiche Pflichtfelder oder schlecht bedienbare Dropdowns. Top‑Recruiter setzen deshalb auf Kurzformulare, große Buttons und Fortschrittsanzeigen.
Sichtbarkeit auf den richtigen Kanälen
Social-Media-Recruiting ist kein Nice-to-have. Laut Content Stadium nutzen 98 Prozent der befragten Teams aktiv Social Media. 65 Prozent davon betreiben sogar spezielle Kanäle fürs Recruiting. LinkedIn und Facebook liegen dabei vorne, doch auch Instagram und TikTok gewinnen momentan an Bedeutung. Gleichzeitig schöpfen noch wenige die kreativen Möglichkeiten aus, denn nur 21 Prozent verwenden Multimedia-Posts wie Karussells, obwohl solche Formate die Aufmerksamkeit erhöhen.
Top-Recruiter arbeiten markenorientiert und mobilfreundlich, treiben einfache Bewerbungsprozesse voran und schaffen Sichtbarkeit dort, wo potenzielle Fachkräfte unterwegs sind. Damit gelingt ihnen eine deutlich bessere Reichweite und Effizienz, was sich auch Sozialdienste zu Nutze machen können.
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Wie Sozialdienste Recruiting neu denken können
Große Budgets braucht es nicht, um im Recruiting sichtbar zu werden, wohl aber ein Umdenken. Wer sich von alten Mustern löst, kann mit kleinen, gezielten Maßnahmen viel erreichen.
Bewerber abholen
Anstatt auf spontane Bewerbungen zu warten, setzen immer mehr Organisationen auf aktives Recruiting. Das bedeutet: Gezielte Ansprache potenzieller Bewerber über soziale Medien, Netzwerke oder E-Mail. Das ist ein Vorgehen, das etwa im IT‑Sektor längst etabliert ist. Dazu gehört, Kandidaten frühzeitig in sozialen oder beruflichen Plattformen zu identifizieren und persönlich anzusprechen. Auch frühere Praktikanten oder Ehrenamtliche lassen sich gezielt wieder einladen.
Mitarbeitende als Botschafter
Wer täglich im sozialen Bereich arbeitet, kennt die Realität und kann sie authentisch vermitteln. Viele Organisationen nutzen das Potenzial ihrer Teams aber kaum. Dabei wirken Erfahrungsberichte und Einblicke in den Arbeitsalltag überzeugender als jede Hochglanzbroschüre. Die Diakonie etwa setzt in Kampagnen auf „echte Gesichter“, Insta-Takeovers und Statements aus dem Alltag. Auch kleine Einrichtungen können Mitarbeitende in Storytelling, Fotobeiträge oder Mini-Videos einbinden. Sie dienen als glaubwürdige Stimme der Einrichtung und schaffen gleichzeitig Nähe und Verbundenheit zwischen dem Unternehmen und Bewerber.
Niederschwellige Einstiegsmöglichkeiten
Freiwilligendienste, Praktika oder Bundesfreiwilligendienst (BFD) bieten mehr als kurzfristige Unterstützung. Sie können zum langfristigen Recruiting-Instrument werden. Berichte zeigen, dass Organisationen, die solche Programme strategisch begleiten, oft aus dem Pool ehemaliger Freiwilliger erfolgreich Personal gewinnen. Ein strukturierter Übergang, etwa durch Weiterbildungsangebote oder individuelle Begleitung, erhöht die Bindung und senkt die Hürde zum Berufseinstieg.
Mit kleinen Schritten zu mehr Wirkung im Sozialdienste Recruiting
Auch wenn tiefgreifende Veränderungen Zeit brauchen, können bereits kleine Anpassungen im Recruiting spürbare Effekte erzielen. Eine mobilfreundliche Karriereseite, klar formulierte Stellenanzeigen, oder gezielte Posts mit Einblicken aus dem Arbeitsalltag: All das kann die Sichtbarkeit erhöhen und neue Zielgruppen ansprechen. Es geht nicht um große Kampagnen, sondern um konsequente, realistische Schritte. Wer beginnt, Mitarbeitende einzubinden und den Kontakt zu jungen Menschen zu stärken, legt den Grundstein für langfristige Lösungen.
- Online Recruiting-Studie 2024, wollmichsau Jobspreader
- Content Stadium Social Recruiting Studie 2023