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Pflegende Angehörige leisten in Deutschland den Großteil der häuslichen Pflege und arbeiten dabei unentgeltlich. Das Thema wird aktuell wichtiger denn je, denn neben der physischen und emotionalen Belastung der Pflegenden bringt die Pflege eines Angehörigen oft erhebliche Einkommenseinbußen mit sich. Die Bundesregierung plant, mit einem neuen Familienpflegegeld – ähnlich wie auch beim Elterngeld – berufliche Einkommensverluste auszugleichen, wenn Angehörige zu Hause gepflegt werden. Doch wie weit geht dieser Ansatz und ist er ausreichend? Der folgende Beitrag beleuchtet die wichtigsten Aspekte, stellt die Rechtsgrundlagen dar und zeigt mögliche Modelle.
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Warum ist Familienpflegegeld überhaupt nötig?
In Hinblick auf die demographische Entwicklung stehen in Deutschland immer mehr alte und damit häufig auch pflegebedürftige Menschen immer weniger jungen Berufstätigen gegenüber. Besonders spürt diese Ungleichheit der Gesundheitssektor, allen voran die Pflege, wo massive Personalnot herrscht. Monatelange Wartezeiten auf einen Pflegeheimplatz sind heutzutage in manchen Regionen bereits die Regel. Dies bringt die Angehörigen von pflegebedürftigen Personen häufig an den Rand der persönlichen und finanziellen Belastbarkeit.
Denn häusliche Pflege kann neben Zeit und Kräften schnell mehrere hundert Euro monatlich kosten. Pflegende Angehörige müssen zudem beruflich häufig kürzer treten oder sogar komplett aufhören zu arbeiten, was finanzielle Einbußen nach sich zieht. Zwar erhalten Pflegebedürftige bislang ein Pflegegeld, von welchem unter anderem auch Aufwendungen für Angehörige abgegolten werden können, doch reicht dies meistens nicht aus, um die Pflegekosten und die Lohnlücken auszugleichen.
Familienpflegegeld: Der gesetzlicher Ansatz
Union und SPD haben im Koalitionsvertrag einen Prüfauftrag verankert: Es soll untersucht werden, wie ein Familienpflegegeld aussehen könnte. Familienministerin Karin Prien (CDU) hat deutlich gemacht, dass neben der wirtschaftlichen Situation der Staat in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen müsse. Die Pflege könne nicht allein auf Fachkräfte setzen. Denn Familien pflegten bereits heute großflächig und müssten dafür auch entsprechend finanziell entschädigt werden.
Wie genau das Familienpflegegeld ausgestaltet werden könnte steht derzeit noch nicht fest. Gerade die Bezugsdauer, die Gesamthöhe, sowie eine Staffelung nach Einkommen oder Pflegegrad seien demnach noch diskussionswürdig. Höchstgrenzen um 1.800 Euro pro Monat, sowie ein Mindestsatz von 300 Euro wurden in ersten Modellrechnungen diskutiert und würden sich damit am Elterngeld orientieren.
Was sagt das Bundesverfassungsgericht?
Schon 2014 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Angehörige zwar häufig weniger honoriert werden als professionelle Pflegekräfte, es jedoch formal rechtlich zulässig ist, sie geringer zu bezahlen. Seither führte jede Reformdebatte um pflegende Angehörige das Spannungsfeld zwischen Fürsorgepflicht und freier Berufswahl vor Augen. Ein Familienpflegegeld könnte diese Lücke überwinden, indem es die familiäre Fürsorge wirtschaftlich anerkennt, ohne die Regularien der professionellen Pflege zu übernehmen.
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Wer würde Familienpflegegeld bekommen?
Nach bisheriger Diskussion könnten nur Personen anspruchsberechtigt sein, die
- Eine pflegebedürftige Person mit Pflegegrad 2 oder höher zu Hause betreuen
- Ihre berufliche Tätigkeit infolge dieser Pflege reduzieren oder gar ganz aufgeben müssen
- Mindestens 10 Stunden Pflege pro Woche leisten und
- Die Häuslichkeit einhalten, sprich die pflegebedürftige Person nicht in einer ambulanten oder stationären Einrichtung pflegen lassen.
Pro Pflegefall wird eine Bezugsdauer von bis zu 12 Monaten diskutiert. Der Zeitraum soll ähnlich wie beim Elterngeld auch gesplittet werden können. In Hinblick auf die Bezugshöhe halten erste Entwürfe ein Familienpflegegeld in Höhe von 65 bis 75 Prozent des zuletzt erzielten Nettogehalts für möglich. Hierbei soll es ein Minimum sowie eine maximale Bezugshöhe geben.
Familienpflegegeld: Entlastung & soziale Komponenten
Verbände wie der SoVD drängen auf eine einkommensabhängige Staffelung mit Ober- und Untergrenzen, um ein Existenzminimum sicherzustellen. Der VdK wiederum befürwortet ein einkommensunabhängiges Modell und in Zukunft einen Pflege-Lohn nach Pflegegrad. Für den DGB ist das Familienpflegegeld ein zentraler Faktor, um Pflege und Beruf zu vereinbaren – ergänzt durch besseren Kündigungsschutz und mehr Unterstützungssysteme, wie Tagespflege oder Nachtpflege.
Steuerliche & finanzielle Rahmenbedingungen für das Familienpflegegeld
Momentan gibt es bereits das Pflegegeld, das die Pflegekasse direkt an Pflegebedürftige im häuslichen Umfeld steuerfrei zahlt. Wird es aber an pflegende Angehörige weitergeleitet, gelten strenge Regelungen: Nur nahe Verwandte oder bei „sittlicher Verpflichtung“ bleibt das weitergeleitete Pflegegels steuerfrei. Zusätzlich kann der Pflege-Pauschbetrag steuerlich geltend gemacht werden, jedoch nur, wenn das zuvor erhaltene Pflegegeld vollständig belegbar für Pflegekosten und nicht als Lohnersatz aufgewendet wird. Ein Familienpflegegeld wäre demnach klar als echte Lohnersatzleistung abzugrenzen und steuerlich sowie sozialrechtlich anders zu behandeln.
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Familienpflegegeld: Fazit
Ein finanzieller Ausgleich für den Einkommensverlust pflegender Angehöriger erscheint aus humanitären wie systemischen Gründen auf Dauer unverzichtbar. Bisherige Plan-Modelle orientieren sich am Elterngeld: Einkommenserhalt von rund 65 Prozent bis maximal 1.800 Euro pro Monat, bis zu zwölf Monate, bei Pflegegrad 2 oder höher. Verbände betonen die Bedeutung sozialer Staffelungen und einkommensunabhängiger Garantien.
Wichtig ist: Das neue Familienpflegegeld müsste deutlich vom bisherigen Pflegegeld abgegrenzt sein. Rechtlich ist es zulässig, Angehörige anders zu vergüten, aber es geht auch um gesellschaftliche Anerkennung. Die nächste Zeit wird zeigen, ob dieses Vorhaben im Bundestag breite Unterstützung findet.
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